Was ist Mikroplastik eigentlich?
Unsichtbare Partikel mit großer Wirkung
Der Begriff Mikroplastik ist inzwischen in aller Munde – doch kaum jemand weiß genau, was sich dahinter verbirgt. Meist ist von winzigen Plastikteilchen die Rede, die in Kosmetik, Kleidung oder Verpackungen vorkommen. Doch Mikroplastik ist nicht gleich Mikroplastik. Die unscheinbaren Partikel unterscheiden sich in Größe, Form und Herkunft – und ihre Folgen sind weitreichend.
Was Mikroplastik ausmacht
Als Mikroplastik bezeichnet man feste Kunststoffteilchen, die kleiner als fünf Millimeter sind. In der Kosmetik liegen sie häufig im Bereich von nur wenigen Mikrometern – also so winzig, dass sie mit bloßem Auge nicht sichtbar sind. Diese Partikel werden entweder gezielt hergestellt (z. B. für Schminke oder Peelings) oder entstehen ungewollt durch Abrieb, Zersetzung oder Waschen von synthetischen Stoffen.
Im Gegensatz zu größeren Plastikabfällen, die irgendwann zerfallen, sind Mikroplastikpartikel von Beginn an mikroskopisch klein – und dadurch besonders tückisch. Sie gelangen nahezu ungehindert in Gewässer, Böden und sogar in die Luft.
Die wichtigsten Kunststoffarten in Kosmetika
Viele Kosmetikprodukte enthalten Kunststoffe, die unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Zu den häufigsten gehören:
- Polyethylen (PE): Weit verbreitet in Peelings, Make-up oder Lippenstiften. Sorgt für Geschmeidigkeit und eine cremige Textur.
- Polypropylen (PP): Dient als Stabilisator oder Füllstoff und wird oft in Puder und Foundations verwendet.
- Polyamid (PA, auch bekannt als Nylon): Wird eingesetzt, um Glanz, Haltbarkeit und Weichheit zu verbessern – häufig in Mascaras oder Lidschatten.
- Acrylate und Silikone: Werden als Filmbildner oder Glättungsmittel eingesetzt. Sie sind chemisch betrachtet keine klassischen Kunststoffe, aber ökologisch ähnlich problematisch.
All diese Substanzen sind langlebig und biologisch kaum abbaubar. Gelangen sie in die Umwelt, verbleiben sie dort über Jahrzehnte.
Warum Mikroplastik so gefährlich ist
Die Gefahr liegt in der Größe. Mikroplastik ist so klein, dass es in Kläranlagen kaum vollständig herausgefiltert werden kann. Über das Abwasser gelangt es in Flüsse und Meere – und wird dort zur Nahrung für Fische, Muscheln und andere Organismen. Diese nehmen die Partikel auf, verwechseln sie mit Nahrung und speichern sie im Gewebe.
Hinzu kommt, dass Mikroplastik wie ein chemischer Magnet wirkt: Schadstoffe aus der Umwelt haften an seiner Oberfläche. Gelangen diese belasteten Partikel in die Nahrungskette, können sie langfristig auch uns Menschen erreichen – über Meeresfrüchte, Trinkwasser oder die Luft.
Mikroplastik ist nicht gleich Mikroplastik
In der Umweltforschung wird zwischen zwei Arten unterschieden:
- Primäres Mikroplastik: Wird gezielt hergestellt und direkt in Produkte eingearbeitet – etwa als Schleifkörper in Peelings oder als Weichmacher in Lippenpflege und Make-up.
- Sekundäres Mikroplastik: Entsteht durch den Zerfall größerer Kunststoffteile, z. B. von Verpackungen, Autoreifen, Textilfasern oder Abfall im Meer.
Für Kosmetika ist vor allem das primäre Mikroplastik relevant – es wird bewusst eingesetzt und ist somit vermeidbar.
Wie Mikroplastik in den Körper gelangt
Die Aufnahme von Mikroplastik kann über verschiedene Wege erfolgen:
- Über die Haut: Bei Kontakt mit Cremes oder Make-up können kleinste Partikel durch Mikroverletzungen oder Poren eindringen.
- Über die Schleimhäute: Lippenstifte oder Lipgloss werden teilweise verschluckt und gelangen so in den Verdauungstrakt.
- Über die Luft: Staubpartikel mit Kunststoffrückständen können eingeatmet werden.
Die genauen gesundheitlichen Auswirkungen werden noch erforscht. Erste Studien weisen jedoch darauf hin, dass Mikroplastik Entzündungen hervorrufen und das Immunsystem belasten kann.
Warum Hersteller es trotzdem verwenden
Aus Sicht der Kosmetikindustrie hat Mikroplastik viele Vorteile: Es ist günstig, stabil, leicht formbar und universell einsetzbar. Kunststoffe sorgen für eine angenehme Haptik, verlängern die Haltbarkeit und verbessern die Optik. In der Produktentwicklung steht die Performance oft im Vordergrund – nicht die Umweltverträglichkeit.
Erst durch den wachsenden Druck von Verbrauchern und Umweltorganisationen beginnen einige Hersteller umzudenken. Begriffe wie „Clean Beauty“ oder „Plastic-Free Cosmetics“ gewinnen an Bedeutung. Dennoch: Noch immer enthalten zahlreiche Produkte Mikroplastik – häufig unter neuen, schwer erkennbaren Bezeichnungen.
Die Herausforderung der Definition
Ein großes Problem bleibt die unklare rechtliche Definition. Manche Firmen ersetzen festes Mikroplastik durch flüssige oder gelartige Kunststoffe, die offiziell nicht unter die Mikroplastik-Regelungen fallen. Für die Umwelt ist der Effekt jedoch ähnlich. Diese sogenannten „synthetischen Polymere“ lösen sich nicht vollständig auf und reichern sich ebenfalls in der Natur an.
Ein unsichtbares Problem mit sichtbaren Folgen
Mikroplastik ist klein, aber mächtig. Es durchdringt Umwelt, Nahrungskette und möglicherweise sogar unseren Körper. Es ist Symbol und Symptom zugleich – für eine Industrie, die Perfektion anstrebt, aber Nachhaltigkeit zu lange ignoriert hat.
Umso wichtiger ist es, das Thema zu verstehen: Nur wer weiß, was Mikroplastik ist, kann es vermeiden – und damit einen Beitrag zu einer sauberen, gesunden Zukunft leisten.