Schönheit mit Nebenwirkungen
Wo Mikroplastik überall steckt
Viele Menschen denken bei Mikroplastik zuerst an Duschgels oder Peelings. Doch die Realität sieht anders aus: Mikroplastik steckt in einer Vielzahl von Produkten, die wir täglich benutzen – besonders in der dekorativen Kosmetik. Ob Lippenstift, Lidschatten, Foundation oder Mascara – in unzähligen Make-up-Produkten sind winzige Kunststoffpartikel enthalten, oft ohne dass Verbraucher es wissen.
Der Blick ins Schminktäschchen
Ein Blick auf die Inhaltsstoffe vieler Kosmetikartikel zeigt: Mikroplastik ist weit verbreitet. In der dekorativen Kosmetik erfüllen Kunststoffe ganz unterschiedliche Funktionen – und das macht sie so attraktiv für Hersteller. Sie lassen Texturen glatter wirken, verbessern die Haltbarkeit und sorgen für Glanz oder ein samtiges Finish. Doch die makellose Optik hat ihren Preis: unsichtbare Umweltverschmutzung.
Betroffene Produktgruppen
In folgenden Produktkategorien wird Mikroplastik besonders häufig eingesetzt:
- Lippenprodukte: Lippenstifte, Lipgloss und Lipliner enthalten häufig Kunststoffe, um für Glanz, cremige Texturen oder längere Haftung zu sorgen.
- Augen-Make-up: Lidschatten, Eyeliner, Kajalstifte und Mascaras enthalten Mikropartikel, die die Farbe intensiver erscheinen lassen oder Wimpern besser umhüllen.
- Gesichtsprodukte: Make-up, Concealer, Puder und Rouge nutzen Kunststoffe, um den Teint zu mattieren oder ein gleichmäßiges Hautbild zu erzeugen.
- Pflegeprodukte: Auch in Anti-Falten-Cremes oder getönten Tagescremes finden sich Mikroplastikpartikel, die die Konsistenz verbessern oder einen „Weichzeichner-Effekt“ erzeugen.
Wie Kunststoffe im Make-up wirken
Hersteller setzen Kunststoffe in unterschiedlichen Größen und Formen ein – von winzigen Partikeln bis hin zu flüssigen Polymeren. Sie übernehmen zahlreiche Funktionen:
- Füllstoffe: Gleichen Unebenheiten der Haut aus und sorgen für ein feineres Hautbild.
- Filmbildner: Legen sich wie eine unsichtbare Schicht über die Haut oder Wimpern und verlängern die Haltbarkeit von Make-up.
- Trübungsmittel: Streuen das Licht und lassen die Haut glatter wirken – ein typischer Effekt bei „Soft-Focus“-Make-ups.
- Emulsionsstabilisatoren: Verhindern, dass sich Öl und Wasser in Cremes trennen.
- Glanzverstärker: Verleihen Lippen oder Wangen mehr Strahlkraft.
Diese synthetischen Hilfsstoffe sorgen zwar für ein angenehmes Hautgefühl und langanhaltende Ergebnisse, doch sie hinterlassen Spuren – nicht nur auf der Haut, sondern auch in der Umwelt.
Unsichtbar, aber allgegenwärtig
Das Problem: Mikroplastik ist mikroskopisch klein und oft weder sichtbar noch spürbar. Beim Abschminken, Waschen oder Duschen gelangt es in den Abfluss. Kläranlagen können die winzigen Partikel kaum vollständig herausfiltern. So finden sie ihren Weg in Flüsse, Seen und Meere – und von dort in die Nahrungskette.
Besonders bedenklich sind Produkte, die täglich verwendet werden. Ein Lippenstift etwa wird im Laufe eines Jahres zu einem großen Teil unbewusst verschluckt. Enthält er Mikroplastik, gelangen diese Partikel direkt in unseren Körper. Bei Augenprodukten besteht zudem die Gefahr, dass sie über die Schleimhäute aufgenommen werden.
Wie du Mikroplastik erkennst
Die Inhaltsstoffe geben Hinweise darauf, ob ein Produkt Mikroplastik enthält. Typische Begriffe, auf die du achten solltest, sind unter anderem:
- Polyethylene (PE)
- Polypropylene (PP)
- Polyamide / Nylon-6 / Nylon-12 / Nylon-66
- Acrylates Copolymer
- Polymethyl Methacrylate (PMMA)
- Siloxane oder Dimethicone (bei flüssigen oder gelartigen Kunststoffen)
Diese Begriffe stehen meist in der INCI-Liste (International Nomenclature of Cosmetic Ingredients) auf der Verpackung. Bei kleinen Produkten lohnt sich ein Blick auf Beipackzettel oder Online-Angaben. Eine praktische Hilfe bieten Apps wie CodeCheck oder die Initiative Beat the Microbead, die Inhaltsstoffe automatisch analysieren.
Ein Problem der Dimension
Während früher vor allem Peelings im Fokus standen, hat sich gezeigt, dass dekorative Kosmetik eine ebenso große Quelle von Mikroplastik ist. In diesen Produkten sind die Partikel oft deutlich kleiner – teilweise nur wenige Mikrometer groß. Dadurch gelangen sie leichter in die Umwelt und können sogar in Organismen eindringen, die am Anfang der Nahrungskette stehen.
Das macht das Thema so komplex: Was uns schön erscheinen lässt, wird im Meer zu einem unsichtbaren Risiko für Tiere, Ökosysteme und letztlich auch für uns selbst.
Von der Handtasche ins Meer
Jede Anwendung hinterlässt Spuren. Beim Auftragen, Abschminken oder Waschen gelangen winzige Kunststoffrückstände ins Abwasser. Selbst wenn sie in Kläranlagen teilweise zurückgehalten werden, reichern sie sich im Klärschlamm an – der häufig als Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt wird. Auf diese Weise gelangt Mikroplastik auch auf Felder und schließlich in Böden und Grundwasser.
Die unterschätzte Dimension des Problems
Was zunächst wie ein kleines Schönheitsdetail wirkt, ist in Wahrheit Teil einer großen globalen Herausforderung. Mikroplastik aus Kosmetika trägt dazu bei, dass sich Kunststoffpartikel überall auf der Erde finden lassen – in der Tiefsee, im arktischen Eis, in Böden und sogar in der Luft. Jedes Produkt, das wir verwenden, ist Teil dieser Kette – oder Teil der Lösung, wenn wir bewusster wählen.
Schönheit braucht Bewusstsein
In unzähligen Kosmetikprodukten steckt Mikroplastik – oft unbemerkt, oft unnötig. Doch wir als Verbraucher haben Macht: Wer Inhaltsstoffe prüft, Marken kritisch hinterfragt und auf nachhaltige Alternativen umsteigt, kann einen echten Unterschied machen. Die schönste Haut ist die, die keine Spuren hinterlässt – weder auf der Erde noch im Meer.